Opfer der Euthanasie

Julie Löwenstein

Familie Löwenstein

Julie Löwenstein wur­de am 24.12.1897 in Rietberg gebo­ren. Sie war nicht nur Jüdin, son­dern auch psy­chisch krank und befand sich bereits zur Zeit des Novemberpogroms 1938 in der Heil- und Pflegeanstalt St. Rochus in Telgte. Da nach Ansicht des Reichsinnenministeriums eine gemein­sa­me Unterbringung von Juden und Nichtjuden in Pflegeanstalten unzu­mut­bar sei, wur­den die jüdi­schen Geisteskranken zunächst in eine Zwischenanstalt verlegt.

Familie Löwenstein

Die Eltern Emma und Julius Löwenstein, die Kinder von links:
Walter, die Zwillinge Hans und Grete sowie Julie (Stadtarchiv Rietberg)

St. Rochus-Hospital Telgte

Heil- und Pflegeanstalt St. Rochus-Hospital in Telgte zu Beginn der 1930er Jahre (Stadtarchiv Telgte)

Dieses war für Julie Löwenstein die Landesheil- und Pflegeanstalt Wunsdorf bei Hannover, wohin sie am 21. September 1940 ver­legt wur­de. Bereits sechs Tage spä­ter wur­den sie und die ande­ren Juden in Begleitung von Pflegern und Pflegerinnen zum Bahnhof in Wunsdorf gebracht und dort von dem angeb­li­chen »Pflegepersonal« der GeKrat über­nom­men. Die Patienten soll­ten laut Angabe in die Anstalt Cholm gebracht wer­den. Aber Julie wur­de nie nach Cholm ver­legt, denn die­se Anstalt exis­tier­te nur auf dem Papier.
Mit einem ent­spre­chen­den Briefkopf und einem Poststempel von Cholm schick­te man nach­fra­gen­den Angehörigen spä­ter eine Sterbeurkunde mit eben­falls fal­schen Angaben zu. 

Julie Löwenstein wur­de hin­ge­gen in die Gaskammer der Euthanasie-Anstalt Brandenburg trans­por­tiert. Ihr Todesdatum ist der 29. September 1940. Sie starb Monate vor ihrem offi­zi­el­len Todesdatum, dem 9. Februar 1941. Für die Zwischenzeit zahl­ten ihre Angehörigen ihre Pflegekosten. 

Schuppen im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg, Ort der Ermordung

Tötungsanstalt Brandenburg, im Vordergrund der Schuppen mit der Gaskammer (Gedenkbuch für Telgter Opfer des Nationalsozialismus, S. 141)